Darmstadt ist nicht gerade als Stadt der Seen, Flüsse oder Teiche bekannt, aber das, was die Stadt an Gewässern hat, macht das Leben in ihr ziemlich lebenswert. Zwar laden nicht alle unbedingt zum Baden ein, aber überall kann man es sich auf die ein oder andere Art richtig gut gehen lassen - und für eine kleine Fahrradtour an einem warmen Sommertag eignen sie sich besonders gut! :-)
An der Fischerhütte ist der erste Stopp. Über die Lichtwiese (Uni-Campus und beliebt bei Gassi-Gehern) und ein Stückchen durch den Wald - schon gibt es einen Espresso mit Blick auf einen der fünf Fischteiche. Die Fischerhütte ist ein beliebtes Ausflugsziel; sehr urig, mit viel Holz, einer großen Terrasse und eher deftigem Essen in entspannter Atmosphäre.
Ihr Wasser bekommen die Fischteiche durch den kleinen Darmbach. Dieser fließt auch in den Woog, Darmstadts Badesee mitten in der Stadt. Danach verläuft der Bach unterirdisch und durch die Kläranlage - was wirklich schade ist! Inzwischen tut sich aber was. So hat es bereits Renaturierungsmaßnahmen an der Lichtwiese gegeben und im Zentrum der Stadt fließt die Darmbachrinne am Darmstadtium, gegenüber vom Schloss, entlang. Weitere Offenlegungen sollen folgen.
Ich stelle es mir ganz nett vor, wenn an verschiedenen Orten in der Stadt kleine Bachläufe wie die Freiburger Bächle zu sehen sind. Bis dahin erfreue ich mich an dem, was wir schon haben, wie etwa die tollen Seerosen auf den Teichen an der Fischerhütte. ;-)
Als nächstes steht ein richtiger Badesee auf dem Programm. Ebenfalls mitten im Wald, etwas außerhalb der Stadt, doch mit dem Rad auch schnell zu erreichen, ist die Grube Prinz von Hessen. Wo früher Braunkohle abgebaut wurde, wird nun gebadet: Die Grube (nicht zu verwechseln mit dem nahegelegenen UNESCO Weltkulturerbe Grube Messel) ein beschaulicher See und beliebt bei Mensch und Hund. Luftmatratzen und Schlauchboote können mit ins Wasser; auf der Wiese und am Sandstrand ist FKK möglich; es gibt ein Kiosk und am Wochenende ist auch die DLRG da. Wer will, kann sogar das ganze Jahr baden, denn Eintritt muss hier nicht gezahlt werden und der See steht jedem offen.
Weiter geht es nun zum Backhausteich, der in unmittelbarer Nähe vom Jagdschloss Kranichstein ist. Ende des 16. Jahrhunderts für die Jagd erbaut, wurde das Schloss 1790 zur Sommerresidenz des damaligen Landgrafens umfunktioniert und ist inzwischen ein Hotel mitsamt Restaurant, Museum und Veranstaltungsräumen.
Sobald das Schloss hinter einem hohen Holzzaun hervorlugt und einige Meter später die Schlossmauer zum Zaun wird, taucht der Teich hinter den Bäumen auf. Neben den Seerosen ist leider auch ein dichter Algenteppich auf der Wasseroberfläche. Nicht besonders malerisch und vor allem ein Problem für das Ökosystem. Damit dieses wieder ins Gleichgewicht kommt, steht demnächst eine Sanierung des Teichs an.
Ursprünglich wurde der Teich Ende des 16. Jahrhundert für die Fischzucht angelegt. Jahrzehnte später ließ sich die Landgräfin Sophie-Eleonore von ihm aus über den Kanal am Sorgenlos zum Steinbrücker Teich paddeln. Heute ginge das nicht mehr. Die Landstraße trennt beide Teiche voneinander. Der Kanal mitsamt Sandsteinbrücke ist aber noch im Wald und ein sorgenfreier Rastplatz für Spaziergänger und Radfahrer. :-)
Nun geht es durch den Wald weiter zum Steinbrücker Teich. Die Gewässer sind ja alle nicht weit voneinander entfernt und sobald die Landstraße überquert ist, ist man schon da. Einst auch für die Fischzucht angelegt, ist der Teich am Oberwaldhaus seit 1967 ein beliebtes Ausflugsziel in der Umgebung. Außerdem gibt es hier noch Minigolf, Ponyreiten für Kinder im Wald, einen großen Spielplatz, ein Café-Restaurant und einen Bootsverleih.
Jetzt fehlt nur noch ein See auf der Rundtour: Der Woog. Mein absoluter Liebling und das Juwel Darmstadts! Ein See in der Stadt ist wie Ferien zu Hause. Meine erste eigene Wohnung war nur wenige Meter von ihm entfernt und bevor ich mich morgens auf den Weg zur Arbeit machte, bin ich noch mal kurz an den See gegangen, um Kraft zu tanken. Nach getaner Arbeit am Abend hat er mich dann wieder runtergeholt.
Leider ist der Woog nur von Mitte Mai bis Mitte September geöffnet. Sobald das Thermometer die 30 Grad Marke streift ist es richtig voll; ansonsten ist es einfach nur wunderschön! Der See ist dann klar und erfrischend, die Wiese grün und eine der zwei Warmduschen meist noch frei. ;-)
Die Woogs-Geschichte geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Damals wurde er als Fisch- und Feuerlöschteich angelegt; im darauffolgenden Jahrhundert feierterten die Landgrafen prunkvoll am See. Doch baden ging man nicht, das wurde erst im 19. Jahrhundert beliebt. Wobei Goethe hier wohl die Ausnahme ist - 1775 war er in Darmstadt zu Besuch und da seine Freunde, die Grafen Stolberg, laut Goethes Reisebericht, nackt im Woog badeten, wird gern erzählt, dass Goethe es ihnen gleichtat...
Wie auch immer, Fakt ist, dass 1828 das erste öffentliche Bad entstand: Eine Pfahlbauinsel! Mit den Jahren kam immer mehr hinzu: Badehäuser entstanden, das "Flöhbad" für Kinder am Rande des Sees kam hinzu und eine 100-Meter Bahn wurde mitsamt Sprungturm gebaut.
Knapp 100 Jahre später sah es aber schon wieder anders aus. Aus der Pfahlbauinsel wurde eine grüne, Baumbewachsene Insel, die es immer noch gibt. Seitdem hat sich einiges verändert und verändert sich immer noch. In den 30er Jahren kam die Rutsche auf der Insel und die Wettkampfanlage auf der gegenüberliegenden Seite hinzu, ein rundes flaches Betonbecken für Kleinkinder wurde gebaut und seit einigen Jahren kann man zur Badeplattorm auf dem See schwimmen.
Eine große Aktion steht dieses Jahr noch an: Der Woog wird entschlammt. Wer weiß, was da alles zutage kommt! Meiner Schwester ist einst ihre Sonnenbrille ins Wasser gefallen; kürzlich ist einer Bekannten das gleiche mit ihrer Brille geschehen und ich habe bei einem Sprung ins Wasser meine verspiegelte Schwimmbrille verloren. Dass wir unsere Brillen nicht mehr gefunden haben, liegt nicht daran, dass wir ohne sie nichts sehen, sondern weil die Sichttiefe im Woog soooo minimal ist. Das war nicht immer so und ich hoffe, dass es sich nach der Entschlammung auch wieder ändert.
Und nun, am Ende der Tour, sind es immerhin ein Bach, 3 Teiche und 2 Badeseen geworden - alle unweit voneinander entfernt und meist über Waldwege zu erreichen. Auf wenigen Kilometern gibt es viel zu sehen und wenn das Wetter mitspielt, könnte zumindest in einem der Gewässer das ganze Jahr hindurch gebadet werden. ;-)
Habt viel Spaß beim Radeln!
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Bernd (Dienstag, 20 September 2016 14:48)
Sehr anregende Tournotizen, vielen Dank für die lohnenden Tipps!