Es war mein Geburtstag und mein Geschenk als Bilder-Rätsel verpackt. Eine Idee, was es sein könnte? Die Auflösung war wunderbar...
Des Rätsels Lösung... Ta ta ta taaa! Genau: Konstantin Wecker! Ich bekam Karten für sein Konzert geschenkt!!! Und zwar in Heidelberg. Wow! Was für eine grandiose
Überraschung! Und dann auch noch in dieser schönen Stadt. Da könnte man doch einen richtigen Ausflug draus machen! Gedacht. Getan. :-)
Von Darmstadt aus sind es nur etwa 60 km. Wir hätten mit Bahn oder Mietwagen fahren können, doch wir nahmen die Räder, ein Hotelzimmer und viel Zeit mit, um Tour,
Stadt und Musik zu genießen. Seit bestimmt zehn Jahren war ich nicht mehr dort. Was irgendwie verrückt ist. Umso mehr habe ich mich nun auf die kleine Reise gefreut und mit dem Rad bin ich noch
nie in die Neckarstadt gefahren.
Die Strecke ist malerisch. Weinanbau, tolle Architektur, Burgen und freie Fahrt auf dem meist flach verlaufendem Radweg. Wenn es schneller gehen soll, kann man auch an der B3 entlangfahren, die direkt nach Heidelberg führt. Bei nervenden Verkehr und großer Neugierede auf all das, was rechts und links der Bundesstraße liegt, lohnt es dem ausgeschilderten Radweg zu folgen bzw. vorher die Tour selbst zu planen. Oder einfach eine Mischung aus allem zu machen. ;-)
So hatten wir es gemacht und sahen dadurch die beeindruckende Altstadt Weinheims; aßen zu Mittag, während es regnete; fuhren durch das pittoreske Schriesheim; blickten auf die Ludwigshafener Skyline, die sich hinter
prächtigen Rebstöcken im Dunst erhob; erfreuten uns an kleinen Gärten und daran, dass einer der Gärtner sogar seine Ernte verkaufte! Auf dem Rückweg nahmen wir rote und gelbe
Cocktailtomaten mit, Paprika, Auberginen und bekamen noch eine Gurke geschenkt! Mhm, so gut!
Bei all der visuellen Abwechslung verflogen die 3 Stunden im Sattel und wir kamen sogar trocken in Heidelberg an! Da hatten wir echt Glück gehabt, denn so wirklich wasserfest war unsere Kleidung nicht. Mit jedem Meter, den wir Richtung Neckar rollten, wuchs die Vorfreude. Ich kann sehr gut verstehen, dass Heidelberg bei Menschen aus aller Welt beliebt ist! Als wir am Fluss ankamen, mussten wir erst einmal anhalten und diesen Eindruck auf uns wirken lassen: Schlossruine, Alte Brücke, Bergbahn, Heiliggeistkirche, der Fluss und die historische Häuserzeile. Ach ja...
Wir übernachteten im Parkhotel Atlantic; nicht weit von der Altstadt entfernt; auf gleiche Höhe wie das Schloss, in einem Villenviertel und gegenüber vom Carl Bosch Museum. Wir fuhren über die Schleuse, ein kleines Stück am Neckar entlang und bogen dann ab, um Höhenmeter zu machen. Ich bin kein großer Fan vom Bergauf fahren und wenn das dann auch noch am Ende einer Tour geschieht, komme ich nicht nur ins Schwitzen, sondern fange auch an zu schieben. Das Hotel entlohnt einen dann aber für alle vermeitlichen Strapazen. ;-)
Es ist eine entzückende Jugendstilvilla. Ein unauffälliger Neubau steht am Rande des kleinen Parks, der mit lauschigen Sitzplätzen unter hohen alten Bäumen Gemütlichkeit verbreitet. Im Inneren ist es genauso anheimelnd. Die Stufen der geschwungenen Holztreppe sind mit einem lilafarbenen Ornamentteppich geschützt. Das Zimmer mit der Nummer sechs war unseres.
Einmal den Schlüssel umgedreht und ein nostalgisch behagliches Eckzimmer empfing uns. Die Einrichtung war dezent, individuell. Der Parkettboden wurde von einem farbenfrohen Perserteppich geschützt; ein Wasserkocher stand mitsamt Tee und Kaffee berei. Ein kleines modernes Bad erinnerte daran, dass es früher nicht üblich war, ein Zimmer mit Bad zu haben und wie aufwendig es gewesen sein muss, dies zu ändern. Vom kleinen Stehbalkon blickten wir auf den Neckar und auf Bäume, deren Blätter und Nadeln in allen erdenklichen Grünschattierungen leuchteten. Der Wohlfühlfaktor war ziemlich hoch und da habe ich ganz schnell den serpentinreichen Aufstieg vergessen. ;-)
Am Abend ging es dann in die Neckarstaden 24 - Kongresshaus Stadthalle Heidelberg. Was sich so simpel anhört, liegt am Fluss in der Altstadt und ist beeindruckend: Historismus - Renaissance und Jugendstil vereinen sich. Selbst die Damentoiletten im 1. Stock sind einen Besuch wert. :-) Das Konzert findet im Großen Saal statt, der mit Jugendstil-Ornamenten, Skulpturen und Malereien einfach klasse ist! Sogar eine Orgel gibt es! Da wundert es wirklich, dass in den 1970ern überlegt wurde, das Gebäude abzureißen!
So festlich der Bau, so unkompliziert die Konzertbesucher. Jeans, Sneacker, T-Shirt, Hemd. Legerer Chic. Einige tragen die Friedenskette; Holzkügelchen in Regenbogenfarben, die an Konstantin Wecker oft zu sehen ist.
Es ist mein erstes Konzert, das ich von ihm und seiner Band sehe. Für mich entdeckt habe ich ihn vor einigen Jahren. Über Umwege. Zuerst sah ich ein Interview mit dem Liedermacher Hannes Wader. Er spielt schon seit vielen Jahren immer wieder mit Reinhard Mey, den meine Mama seit ich mich erinnern kann, mag (und ich jetzt auch). Dann hörte ich Lieder von Pippo Pollina. Und erst dann auch Konstantin Wecker, der mit all den anderen Musikern schon seit Ewigkeiten musiziert.
Konstantin Wecker ist Jahrgang 1947. Er ist, wie er selbst sagt, Anarchist, Pazifist, Frühromantiker. Und das merkt man seiner Musik auch an. Drei Stunden lang, nur von einer kleinen Pause unterbrochen. "Anarchie", Revolution", "Questa nuova realtà", "Sage Nein", "Ich singe, weil ich ein Lied hab", "Die Gedanken sind frei", "Gracias a la vida" und, und, und. Ernste Lieder. Musik, die mitreißt. Nachdenkliche Texte. Berührend. Aufwühlend. Liebevoll. Und auch unterhaltsam. Es ist nicht so, dass die Menschen am Ende den Saal verlassen und schwermütig sind. Im Gegenteil. Beschwingt scheinen alle zu sein. Unbeschwert, wie es nach einem schönen Abend üblich ist.
Ich finde es schön und wichtig, dass Menschen sich mit Empathie für eine bessere Welt einsetzen. Oft habe ich das Gefühl, dass Emotionen in unserer Gesellschaft zu kurz kommen. Dann freue ich mich immer, wenn ich auf ehrlich herzliche Menschen treffe, die ihre Gefühle ausleben und andere damit erfreuen und aufbauen. So war das an diesem Abend. Positive Gedanken, Nächstenliebe und Achtsamkeit machen das Leben so viel schöner! Und das schöne ist - all dies kann ganz einfach weitergegeben werden. Jeden Tag aufs Neue. Ein Versuch ist es immer wieder wert. :-)
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